Danach entfaltete sich eine Fragestunde der Zuschauer, von denen kein Beitrag die Schließungs- und Umzugspläne befürwortete. Die Töne waren zum Teil sehr zugespitzt und es gab auch harte Worte.
Im Verlauf der Diskussion wurde ganz bewusst mit falschen Zahlen und Aussagen seitens der Verwaltung operiert. So erzählte der Leiter des Schulamts Herr Dr. Speer von lediglich 100 Schülerinnen
und Schülern, welche an der Gesamtschule abgewiesen wurde, tatsächlich waren es aber 107 Kinder, für die man in der Stadt keine Gesamtschule bereitstellen konnte und so den Elternwillen
missachtet. 102 Kinder reichen aus, um eine neue Gesamtschule zu errichten! Hinzu kämen die zahlreichen Kinder, die von ihren Eltern erst gar nicht angemeldet wurden, um ihren Kindern eine
Ablehnung nicht zuzumuten, oder die auch keinen weiten Schulweg aus dem Süden der Stadt für ihre Kinder wollen. Obwohl gerade die Nähe zum Wohnquartier ein wichtiger Aspekt bei der Schulwahl ist,
wie die Stadtverwaltung im ersten Vortrag selbst herausstellte, wurde dieser Punkt bei der Gesamtschulfrage ignoriert. Offensichtlich war das die Methode des Abends, denn viele Redebeiträge aus
dem Publikum hatten ganz besonders die Zahlen im Visier und bemerkten viele Ungereimtheiten.
Besonders die Kosten im Konzept für die Sanierung des NCG und den Umzug wurden ausführlich und widersprüchlich erörtert. Obwohl Architekt Duda in seinem Vortrag deutlich darauf hingewiesen
hatte, dass es sich bei dem Kostenkonzept nicht um ein wissenschaftliches Gutachten, sondern um einen Vorschlag handelt, wollte Bernd Martmann (Immobilienbetrieb der Stadt) dieses immer wieder
als Gutachten bezeichnen, um es damit unangreifbar zu machen. Herr Duda hatte sein Konzept verteidigt, aber sehr sachlich dargestellt, dass man ein solches Konzept auch bis zu 20% günstiger oder
auch teurer gestalten kann. Das Konzept lässt viel Raum für andere Schätzungen, zumal es aus dem Jahr 2010 stammt und seither einige sehr kostenträchtige Sanierungen, im Konzept noch
erhalten, schon durchgeführt wurden.
Die Fragen, die mit den Aufgaben der Inklusion von Kindern mit Behinderung verbunden sind, wurden ignoriert und noch schlimmer heruntergespielt. Offensichtlich ist der Stadtverwaltung immer noch
nicht bewusst, dass es sich hier nicht um eine Leistung handelt, die man freiwillig tun kann, sondern es handelt sich um eine gesetzliche Verpflichtung, der sich schon heute die Schulen stellen
müssen.
Die Debatte eskalierte und Herr Bernd Martmann (Stadtverwaltung & aktives grünes Parteibuch) leistete nicht nur Schützenhilfe für den Plan der Verwaltung, sondern begann damit das Publikum zu
maßregeln. Das kam natürlich gar nicht gut an und man hörte deftige Zwischenrufe aus dem Zuschauerraum. Besonders Herr Martmann, der regelmäßig an den Sitzungen seiner Grünen
Stadtratsfraktion teilnimmt, um diese auf seine Linien einzuschwören, wurde nicht nur Ziel der Bürgerwut, sondern teilte auch kräftig an die anwesenden Eltern und Bürger aus.
Nicht genug, dass das kritische Podium und das Publikum zu wenig zu Wort kam. Gegen Ende der Veranstaltung hat sich der “neutrale” Moderator durch Herr Dr. Speer (Stadtverwaltung) zeigen lassen,
wer noch etwas aus dem Publikum sagen durfte und wer nicht. Anleitung von oben? Da wurde wohl selektiert und einige haben sich dann auch ohne Mikrophon und Regie der Verwaltung das Wort
verschafft. Dann gegen 21.15 Uhr wurde eine weitere Aussprache mit einer Schlussrunde des Podiums abgewürgt, obwohl die Zuschauer noch viele offene Fragen hatten und weiter diskutieren wollten.
Im Stimmengewirr der Besucher auf dem Nachhauseweg konnte man den Begriff „Gutsherrenart“ nicht nur einmal hören.
Ob dieser Abend wirklich die Position des Bürgermeisters verbessern konnte, ist fraglich. Das ging wohl eher nach hinten los. Auf der einen Seite ist es natürlich gelungen, die eigene Position
noch einmal wie mit einer Gebetsmühle in die Köpfe der Zuschauer zu pressen, auf der anderen Seite haben die aufgeklärten Bürgerinnen und Bürger sehr genau bemerkt, welche Show ihnen da geliefert
wurde.
Statt die verschiedenen Akteure an einen runden Tisch zu setzen und offen über die Fragen der Schulentwicklung der ganzen Stadt zu diskutieren, wurde die Debatten auf den Norden reduziert. Der
Abend hat nicht nur durch das sehr ungeschickte Agieren der Verwaltung, sondern schon durch die grundsätzliche Konzeption und Anlage der Infoveranstaltung die Fronten deutlich verhärtet.
Eigentlich sollte man meinen, dass die Form der Auseinandersetzung mit den Bürgerinnen und Bürger von oben herab spätestens seit „Stuttgart21“ der Geschichte angehören sollte, doch man lernt nie
aus.
Tatsächlich gibt es mehrere Alternativen und alle müssen mindestens genauso ausführlich und fair beleuchtet werden, wie der Vorschlag des Bürgermeisters und der CDU. Beide wollten auf Kosten des
Steuerzahlers Wahlkampf machen.
Jetzt muss man die zerbrochenen Scherben wieder einsammeln. Wir benötigen eine offene Debatte über die Zukunft der Schulen in Bergisch Gladbach, in der wir nicht nur über den Umzug des NCG,
sondern über die Zukunft aller Bildungsangebote in der Stadt reden. Die Standortfrage muss endlich vom Tisch, denn wir brauchen alle vorhandenen Standorte, um unseren Kindern eine solide und gute
Ausbildung zu ermöglichen. Wir müssen uns Gedanken machen, wie und in welcher Schulform wir unsere Kinder beschulen. Dazu gehört eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Elternwillen. Die Frage
einer zweiten Gesamtschule und auch die Überlegungen für Sekundarschulen und die Inklusion gehören alle auf den Tisch und dürfen bei dieser Debatte nicht immer wieder mit falschen Zahlen und
Aussagen ausgeblendet werden.