Di
14
Dez
2010
Die Kürzungen bei Jugend, Kultur und Sport zerstören das soziale Zusammenleben in unserer Stadt.

Haushaltsrede Fraktion DIE LINKE./BfBB,
Tomás M. Santillán,
14.12.2010, Sitzung des Stadtrats Bergisch Gladbach
"Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
der von ihnen vorgelegte Haushalt weist im Gesamtergebnis ein Defizit von fast 20 Millionen Euro aus. Die Stadt ist in keiner guten finanziellen Lage. Nein, die Finanzen unserer Stadt sind
katastrophal. Leider benennt der Haushaltsplan nicht die Ursachen des faktischen finanziellen Bankrotts der Stadt Bergisch Gladbach. Vor vielen Jahren war das anders. Bergisch Gladbach gehörte zu
den reichsten Gemeinden des Landes NRW.
Einerseits müssen die Kommunen immer weitere Aufgaben erfüllen, die ihnen der Bund und das Land zuweisen. Hierfür werden uns aber nur unzureichende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Auf
Antrag unserer Fraktion erarbeitete die Verwaltung eine Aufstellung zur Unterfinanzierung der Stadt und über Mittel, die eigentlich durch den Bund und das Land finanziert werden müssten, aber von
Regierungen aus CDU, FDP, Grünen oder SPD immer und immer wieder auf die Kommunen abgewälzt werden. Die Städte und Gemeinden müssen sich immer weiter verschulden.
Diese Entwicklung ist kein Zufall und auch kein Resultat der wirtschaftlichen Situation, die nur die Auswirkungen verstärkt. Die Entwicklung ist von den alten Parteien politisch gewollt. Denn
selbstverständlich ist es möglich, die Kommunen mit angemessenen Mitteln auszustatten. Dazu muss die Einnahmesituation grundlegend verändert werden. DIE LINKE hat hierzu schon viele Vorschläge in
den Bundestag eingebracht.
Erst die rot-grüne Regierung, dann die CDU-SPD-geführte Regierung und letztendlich die schwarz-gelbe Bundesregierung haben in den letzten Jahren durch ihre Umverteilungspolitik von unten nach
oben deutlich gemacht, dass sie hieran kein Interesse haben.
DIE LINKE im Landtag NRW hat beantragt, weiteres Geld für die Kommunen zur Verfügung zu stellen, welches dann nicht an die WestLB verschenkt würde. Diese weiteren 341 Millionen würden auch
Bergisch Gladbach helfen. Statt den Spitzensteuersatz anzuheben oder eine Transaktionssteuer auf Börsengeschäfte einzuführen, geht die Entwicklung seit Jahren in die falsche Richtung. Die Senkung
des Spitzensteuersatzes, Geldgeschenke an Banken von mehr als einer halben Billion Euro und die auch hier gebetsmühlenartig vorgetragene Forderung nach Steuererleichterungen für Reiche sind
Belege für die Zielsetzung dieser Finanz- und Steuerpolitik: Eine solidarische Gesellschaft, die Leistungen für die Menschen erbringt und sie am gesellschaftlichen Reichtum teilhaben lässt, ist
nicht das Ziel dieser Politik der Mehrheit in diesem Stadtrat. Gewollt ist eine Gesellschaft, die sich dem Prinzip der Profitmaximierung widerspruchslos unterwirft. Dadurch werden Reiche immer
reicher, Arme immer ärmer und die Stadt ist nicht mehr in der Lage, die Infrastruktur für ihre Bürgerinnen und Bürger bereitzustellen. > weiterlesen
Wir halten es für erforderlich, dass die Stadt diese politische Entwicklung offen benennt und kritisiert. Der alleinige Verweis auf eine Überschuldung reicht längst nicht mehr aus, um eine
Veränderung herbeizuführen. Aber wie handeln die Stadtverwaltung und die die Parteien stattdessen? Sie fügen sich in ihr Schicksal!
Statt die notwendigen Konsequenzen aus der Erkenntnis zu ziehen, dass mit kommunalen Anstrengungen und dem vorgelegten und nicht genehmigungsfähigen Haushaltsicherungskonzept die Finanzen der
Stadt nicht saniert werden können, wollen sie stattdessen städtische Immobilien verkaufen und soziale Standards weiter senken. So werden in diesem Haushalt weiter Kürzungen bei der offenen Kinder
und Jugendarbeit vorgenommen, die genau da ansetzen, wo Jugendarbeit eigentlich am Notwendigsten ist. Die Stadtratsfraktion DIE LINKE./BfBB spricht sich gegen jede Kürzungen bei Kindern und
Jugend aus und hat dies in den letzten Wochen auch sehr deutlich gemacht. Auch die Kürzungen bei Kultur und Sport sind nicht hinnehmbar, denn sie zerstören das soziale Zusammenleben in unserer
Stadt. Und tatsächlich ist das wohl nur der Anfang, denn anscheinend ist die Gestaltungsmehrheit in diesem Haus der Meinung man sollte sich weiter „kaputtsparen“ und könnte die jetzt noch
städtischen Aufgaben weiter privatisieren. Seit Jahrzehnten wird verhindert, die Gemeindesteuern auf ein angemessenes Niveau festzusetzen. So wurden Millionen nicht eingenommen, trotzdem aber
Geld ausgegeben, welches heute fehlt.
Wieder und wieder wird von uns verlangt, wir sollten Verantwortung für diesen Haushalt übernehmen, denn es würde keine Alternative dazu geben. Wir sind eben nicht verantwortlich für diese
hausgemachte Schuldensituation und wir haben diesen Bürgermeister und diese Mehrheit in diesem Rat nicht gewählt. Trotzdem haben wir und die anderen Oppositionsparteien Vorschläge zur
Verbesserung der Einnahmesituation der Stadt gemacht und wir haben Alternativen vorgelegt. Wir leben gemeinsam in einer Stadt und jeder Vorschlag, der die Lebenssituation der Bürgerinnen und
Bürger verbessern kann, ist ein guter Vorschlag. Trotzdem sind CDU und FDP ideologisch so verbohrt, dass alles abgelehnt wurde, was wir im letzten Jahr eingebracht haben. Tatsächlich gibt es in
der CDU-Fraktion die Linie, dass jede Initiative wie z.B.: Bürgersolaranlage, welche aus der Fraktion DIE LINKE:/BfBB kommt, abgelehnt wird. Dabei ist dieses Prinzip für die FDP und CDU wichtiger
als der sachliche Inhalt unserer konstruktiven Vorschläge. Mit solch einer unsachlichen und dogmatischen Haltung kann man nicht von uns erwarten, dass wir auch noch mit einem „Hurra“ ins Boot des
Bürgermeisters steigen.
Wir sind auch weiterhin bereit mit jeder Fraktion und dem Bürgermeister in diesem Stadtrat zusammenzuarbeiten und einen gemeinsamen Weg zu entwickeln, der uns aus der Krise führt. Beim Kampf
gegen unsere Finanznot müssen alle mithelfen. Diese Haltung haben wir im letzten Jahr nicht nur mit unsere Arbeit im Stadtrat und den Ausschüssen, sondern auch mit unseren Anträgen deutlich
gemacht. Und auch wenn die ehemaligen Bürgermeisterkandidaten im Wahlkampf nicht müde wurden, zu behaupten, DIE LINKE. würde in den Stadtrat nur Anträge zu Afghanistan und HartzIV einbringen,
haben wir ihnen diesen Gefallen nicht getan. Unsere Fraktion hat im letzten Jahr deutlich gemacht, dass es in dieser Stadt auch noch andere Stimmen gibt, außer die des politischen Mainstreams der
alten Parteien, welche für diese Krise verantwortlich sind.
Wer unsere Stimmen und die Unterstützung von mehr als acht Prozent Bürgerinnen und Bürgern will, die DIE LINKE. und die BfBB gewählt haben, muss auch mit diesen Bürgerinnen und Bürgern reden,
statt ihnen aus dem Weg zu gehen.
Es ist immer sehr einfach die „Schuldigen“ in Berlin und in Düsseldorf zu suchen, doch schauen wir doch genauer hin. Die Misere der Stadt Bergisch Gladbach ist tatsächlich auch eine hausgemachte
Misere und Ergebnis jahrzehnterlanger Misswirtschaft der Ratsmehrheiten. Seit Jahrzehnten wird diese Stadt von einer CDU-Mehrheit dominiert, aber auch SPD, Grüne und FDP haben in den letzten
Jahren ihren Beitrag zu der Schuldensituation der Stadt geleistet. Und dabei geht es nicht um „Peanuts“ sondern um insgesamt ca. 350 Millionen Euro Schulden, die zukünftige Generationen
zurückzahlen müssen.
Und anscheinend sind diese 350 Millionen Euro nicht genug. Statt die wichtigen sozialen Aufgaben bei der Jugend, bei den Schulen, im Sport und in der Kultur weiter zu fördern, werden diese
gekürzt. Im gleichen Atemzug werden teure und unnötige Verschönerungsprojekte der Regionale 2010 beschlossen, die den Steuerzahler schon jetzt mehr als 3,7 Millionen Euro gekostet haben und
weitere 11 Millionen Euro kosten werden. Gleichzeitig werden dringend notwendige Renovierungen an Schulen vertagt oder ganz gestrichen.
DIE LINKE./BfBB fordert eine gleichmäßige und deutliche Anhebung der Gewerbe- und Grundsteuer. Alle müssen ihren Beitrag leisten und mit der Hundesteuer und einem weiteren Abzocken der sozial
schwächsten Bürgerinnen und Bürger bei Gebühren kann kein Blumentopf gewonnen werden. Wer ein blühendes Gewerbe in dieser Stadt betreiben will, muss diese Stadt und seine Menschen auch dabei
unterstützen.
CDU und FDP machen sich ans Eingemachte. So glänzt Bürgermeister Urbach nicht nur durch offensichtliche Vetternwirtschaft in der Personalpolitik, sondern auch mit dem Brechen von Wahlversprechen.
Die Schließung von Kindergärten, die Kürzungen bei der Kinder & Jugendarbeit und die neue Gebührenerhöhungen der Elternbeiträge zeigen deutlich in eine andere Richtung als zu einer
„familienfreundlichen“ Stadt. Statt der Förderung aller Stadtteile konzentriert sich Urbach wie auch sein Vorgänger auf die Entwicklung der Stadtmitte und will dort mehr als 11 Millionen Euro
vergraben, während in der Fußgängerzone Bensberg weiter nichts geschieht. Ständige Unsicherheit in der Finanzierung der Regionale 2010 Projekte oder die Abfuhr beim Bau der Autobahn über den
Bahndamm zeigen die Unfähigkeit dieser Verwaltung eine solide und zukunftsfähige Stadtentwicklung voranzutreiben, die nicht nur finanzierbar, sondern auch ökologisch und sozial ist. Stattdessen
rettet man sich in überstürzte Privatisierung und riskante Firmengründungen für den Ausverkauf städtischer Immobilien. Der Verkauf des Bürgerzentrums Schildgen ist ein Paradebeispiel, wie die
Ratsmehrheit und die Verwaltung die Interessen der Bürgerinnen und Bürger und die demokratischen Rechten gewählter Volksvertreter mit Füssen tritt. Da werden monatelang Geheimverhandlungen
geführt und dann mal eben kurzerhand und in der Sitzung Anträge vorgelegt, über die man kaum Gelegenheit hatte, sich zu informieren, Anfragen werden nicht oder unvollständig beantwortet und in
Sachen Finanzen der Regionale 2010 wird der Stadtrat sogar eiskalt „nicht richtig informiert“, um das Wort „belogen“ zu vermeiden. Trotz eindeutiger Beschlüsse zum Bau des Schwimmbads Mohnweg,
werden diese klaren Aufträge vom Stadtrat durch den Bürgermeister schlicht ignoriert. An der Saaler Mühle werden hunderte qm Grünflächen, welche für nur 2 Euro pro qm verkauft wurden, in
wertvolles Bauland umgewandelt, ohne dass die Bürgerinnen und Bürger davon profitieren würden. Dies stinkt nicht nur, sondern ist nun auch Gegenstand einer Strafanzeige wegen Untreue. Hier gehen
wertvolle Einnahmen für die kommunalen Aufgaben verloren.
Die Bilanz diese Ratsmehrheit und die Bilanz dieses Bürgermeisters zeichnet ein verheerendes Bild für diese Stadt und lässt noch Schlimmeres für die nächsten vier Jahre befürchten.
Die Fraktion DIE LINKE./BfBB lehnt diese Politik und eben diesen Haushalt ab."
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Kommentare: 4
Ich (Mittwoch, 15 Dezember 2010 11:52)
Nein, das soziale, kulturelle und sportliche Leben wird an den Kürzungen nicht kaputt gehen! Das ist Blödsinn und Populismus! Und das wißt Ihr! Aber seriöse Politik kann und/oder will die Linke nicht! Schade! So seit Ihr unwählbar!
Heiner Kockerbeck (Mittwoch, 15 Dezember 2010 18:12)
Unter einem windigen Pseudonym solche Floskeln von sich zu geben, zeugt nicht gerade von demokratischer Streitkultur. Wer hier "Blödsinn und Populismus" betreibt, wird sich in zehn Jahren gezeigt haben. Haben wir dann blühende Landschaften, weil der Sparkurs dazu geführt hat, dass der wirtschaftliche Kreislauf wieder stabil ist und unsere Gesellschaft für breite Mehrheiten lebenswert? Ich fürchte nicht und verweise auf die Ergebnisse der Austeritätspolitik und des Marktradikalismus der letzten zwei Jahrzehnte: Reichtumsberge oben, die die internationale Spekulation anheizen, ein Niedriglohnsektor von 20% der Erwerbstätigen unten, Erosion der Mittelschichten.Im übrigen ist die LINKE genau wegen dieser Situation entstanden und hat bei den Bundestagswahlen 2009 12% der Stimmen erhalten. Der Sparkurs in Kommunen, Ländern, Bund wird dieses Problem weiter verschärfen, weil die Binnennachfrage schrumpft. Gut, dass es noch Parteien gibt, die den Mut haben, eine Alternative zu vertreten.Eine gute, weil den Realitäten angemessene Rede von Tomas Santillan!
Helmut Leih (Samstag, 12 März 2011 17:52)
1.Die Stadt ist in keiner guten finanziellen Lage.
2.Nein,die Finanzen unserer Stadt sind katastrophal.
All das ist schon seit Jahren bekannt,ich habe aber noch keine schlüssige glaubwürdige Aussage der Partei Die Linke,über eine Schuldenreduzierung gelesen.Das Wort Populismus in Beitrag eins, ist deshalb auch angebracht.Kretik anbringen kann jeder Sonderschüler,aber von intelligenten Menschen erwarte ich einen Haushaltsvorschlag,bei dem keine neuen Schulden gemacht,und die alten abgezahlt werden.Es ist doch allgemein bekannt,das die Stadt Bergisch-Gladbach noch viele Werte besitzen,Grundstücke-Beteiligungen und Wertpapiere.
Eine Schuldenreduzierung kann mit diesen Werten kann herbei geführt werden,und Zinsen würden die Stadt Bergisch-Gladbach in Zukunft nicht mehr so hoch belasten.
Der gesammte Stadtrat von Bergisch-Gladbach ist schlimmer wie ein Kindergarten,selbst die Kinder haben Sparbücher,und deshalb schlauer als der Rat der Stadt Bergisch-Gladbach.
MfG.Helmut Leih
Helmut Leih (Mittwoch, 30 November 2011 19:08)
Der Beitrag von Kockerbeck ist ja Irre!,der hat wohl
die Bilanzen des Arbeitsmarkt 2011 verschlafen.
Auch in Bergisch-Gladbach sind die Arbeitslosen
rückläufig.Aber der Schuldenber der Stadt hat sich
erhöht,kein Wunder,den die Bürgermeister von 1990-
2010 alle nicht Tauglich für diesen Job.